Ein sehr schwieriges Buch, und das gleich in mehrfacher Hinsicht.
Zum einen ist der Autor nicht nur daran interessiert, eine Geschichte zu erzählen – das auch – sondern vor allem, seine Ansichten zur Natur des Timevortex, des elfdimensionalen Universums, der Höheren Wesen und des Zusammenhangs zwischen allen dreien darzulegen. Und das bis hinunter auf das Quantenniveau. Die Beschreibungen fallen zwar sehr anschaulich aus, aber sie nehmen auch zwischen einem Drittel und der Hälfte des Buches ein und enthalten viele Wiederholungen. Gewöhnlich ergänzt durch ein neues Detail, dadurch (relativ) leicht verständlich, aber eben dennoch Wiederholungen. Jemand, der sich dafür nicht interessiert, wird sich wohl entweder die Haare raufen oder schrecklich langweilen. Für alle anderen stellt das Buch eine reiche Quelle an Erkenntnissen über die Kosmologie des Whoniversums bereit, so man sie denn herausextrahieren will.
Eine zweite Schwierigkeit stellt die überaus starke Einbindung in die vorhandene Serie dar, und zwar sowohl im TV- als auch im Buchformat. Neben
The Time Monster, zu dem das Buch eine Fortsetzung bildet, sollte man noch mindestens
The Keeper of Traken zum besseren Verständnis kennen. Aber auch
Logopolis,
The Key to Time usw. usf. schadet nicht. Die Referenzen sind wirklich vielfältig, obwohl man das meiste auch so versteht. Es scheint auch eine Menge Hinweise auf diverse Bücher zu geben, von denen ich nur
Millennial Rites (welches ich zufälliger und glücklicher Weise schon kannte) und
The Taking of Planet 5 (denke ich jedenfalls) identifizieren konnte. Das eine ein VMA, das andere ein EDA. Der Typ muss sich durch alle vorhandenen Bücher gelesen haben
. Das meiste sind auch hier eher kurze Hinweise (wie nennt man das, "name dropping"
?), aber
Millennial Rites zu kennen lohnt sich, weil auch an dieses Buch unmittelbar angeknüpft wird (es stellt das Setting, d.h. bes. Mels Umfeld, bereit, in dem die Geschichte spielt). Insgesamt kann man sicher umso mehr mit den ganzen Hinweisen anfangen, je mehr man von der Serie kennt. Aber, wie auch oben schon gesagt, es ist recht anschaulich geschrieben, man kommt auch so klar.
Dritte Schwierigkeit, auch wenn das wohl eher mein persönlicher Geschmack ist: Es gibt unglaublich viele Sprünge, und zwar keine zeitlichen, sondern erzähltechnisch. Sehr kurze Abschnitte aus tausenderlei verschiedener Perspektive. Das ist erklärlich, weil es eine große Anzahl handelnder Personen an ganz unterschiedlichen Orten gibt, aber die Abschnitte sind wirklich außerordentlich kurz und stören etwas den Lesefluss, zumal sie häufig an ziemlich unpassenden Stellen erfolgen und teilweise nichts wichtiges beisteuern. Ich glaube, da (und nicht nur damit) hat der Gute etwas zu stark versucht, Spannung zu erzeugen, um damit seine Erklärpassagen zu kompensieren.
Davon abgesehen ist der Erzählstil sehr angenehm und die Personen lebendig, und so es dann man mal in der Handlung weitergeht, ist diese auch recht spannend gehalten. Höhepunkte bilden sicher die diversen Wettstreite zwischen Master und Doctor, sich gegenseitig zu überlisten und auszuspielen. Sehr prickelnd. Auch die Gesamthandlung hat ihre spannenden und mystisch-interessanten Stellen mit ein bisschen Timelord-Historie und alternativen Zeitlinien. Ich hab's genossen – auch wenn mal wieder das Universum auf dem Spiel steht
. Leider lässt die Spannung zum Schluss hin in gewisser Hinsicht etwas nach, weil, hm, sagen wir mal einer der – halb – erfundenen Charaktere gewisse Mary Sue-Aspekte (oder eher Gary Stu
) zeigt. Es ist aufgrund der Story und deren Ursprung in
The Time Monster logisch nachvollziehbar, stiehlt aber eben doch dem Doctor und Mel etwas die Show. Wobei der so genannte "Gott-Komplex" des Doctors hier eine ganz neue Dimension erhält
.
Was mir persönlich beim Lesen außerordentliche Probleme bereitet hat, ist die Ausgangsprämisse, dass sich der Doctor und Mel zerstritten haben. Mel verlässt die TARDIS, weil durch Misskalkulationen des Doctors eine ganze Welt zerstört wurde. Ist irgendwie verständlich, aber es hätte vielleicht geholfen, diese Situation auch mal zu schildern (und dafür etwas die universalen Theorien einzukürzen
). So wirkt es unglaubwürdig. Durch die ständige – ja, auch hier – Wiederholung der Tatsache wird es leider auch nicht glaubwürdiger, obwohl die Charaktere ansonsten eigentlich sehr gut getroffen sind, bes. auch der Doctor (bei denen aus
The Time Monster kann ich mich nicht mehr erinnern). Das ist einfach schade, zumal es diesen zusätzlichen Konflikt für die Geschichte gar nicht gebraucht hätte (siehe Überkompensation). Wobei ich es andererseits durchaus nicht verkehrt finde, auch auf diesen Aspekt einmal einzugehen. Aber wie gesagt, dann besser mit Vorgeschichte oder gleich als eigenständiges Buch (oder zumindest mit mehr auf diesen Aspekt zentrierter Geschichte). Hätte durchaus Potential.
Und was ich ebenfalls überhaupt nicht verstehe ist, warum der Master hier, zur Zeit des sechsten Doctors, immer noch als halbverweste Figur wie im
Keeper of Traken herumläuft. Ich weiß nicht, ob dazu in der Serie noch etwas kommt … okay, gerade nachgeguckt, ja da kommt noch etwas … aber unmittelbar zuvor in
The Ultimate Foe ging's ihm noch gut und so wie ich das sehe, kommt das mit dem Sterben erst beim siebten Doctor
. Naja, wohl noch ein Element, um zusätzliche Spannung zu erzeugen, aber es ist nicht ganz fair, etwas vorauszusetzen, was erst nach dem sechsten Doctor kommt.
Den plötzlichen Stimmungsumschwung Kronos' schreibe ich mal der Vorliebe des Autors für diesen Charakter zu
.
Und der Quantum-Archangel? Hmm, selbst durch ein Gutteil des Buches ein Mysterium (oder eher nicht vorhanden *hüstel*) und letztlich doch recht unerwartet (was ich sehr positiv fand), lässt er die Handlung in einen Kampf Götter gegen Götter münden. Tja, nachdem ich gerade
Enlightenment geguckt habe, passt das recht gut
. Und es dürfte noch RTDs Staffel 4-Finale toppen
. Trotzdem gibt es so etwas wie ein Happy End.
Ich fand das Buch nicht schlecht, obwohl es sicher keines ist, das ich so schnell noch mal lese. Insgesamt aber eher eingeschränkt zu empfehlen.