Die vierte Doctor bringt Leela (die sich zwei Folgen zuvor, in "The Face of Evil" zu ihm gesellte) ins viktorianischen London. Dort will er ihr Lebensweise und Kultur ihrer Vorfahren näher bringen. Kaum angekommen, werden sie aber recht schnell in seltsame Geschehnisse um verschwunden Frauen, chinesische Geheimbünde, den großen chinesischen Zauberer Li H'sen Chang eine mörderische Bauchrednerpuppe namens Mr. Sin und riesige Ratten in der Kanalisation verwickelt. Unterstützung erhaltens sie dabei vom Theaterbesitzer Henry Gordon Jago und dem berühmten Pathologen Professor Litefoot"The Talons of Weng-Chiang" besteht aus sechs Einzelepisoden, die vom 26. Februar bis zum 02. April 1977 erstmal gesendet wurden.
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Eine absolut perfekte DW-Folge!
Wenn die BBC etwas kann, dann ist es, Serien/Filme im victorianischen London spielen zu lassen. Kulissen, Kostüme, Atmosphäre - einfach perfekt (Ich weiß nicht, ob ich es schon einmal erwähnt habe, aber ich bin eh ein großer Freund des victorianischen Englands ...)
Wenn der Doctor und Leela zum ersten Mal im "zeitgenössischen" Outfit auftreten - wobei man beim Doctor sofort Sherlock Holmes assoziiert - kann man als Zuschauer doch nur begeistert sein. Besonders wenn Leela die zeitgenössische Damenmode als "unpraktisch" bezeichnet
Die Begegnung zwischen Leela und den Tücken der Zivilisation (und umgekehrt) ist amüsant, aber nicht albern. Das hätte ind Auge gehen können, aber es hat dank Regie und Darstellern hervoragend funktioniert
Leela ist mal ein weiblicher Companion, der nicht kreischend durch Gegend rennt (außer wenn sie gerade von einer 3m-Ratte angeknabbert wird ... aber sie sah ja auch zum Anbeißen aus ). Endlich mal eine Frau, die bim Anblick von (normal großen) Ratten keine hysterischen Anfälle bekommt. (Das bezieht sich jetzt nicht auf Frauen im Allgemeinen, sondern auf Frauen in Film/TV
).
Ihre Kampfkünste sind durchaus brauchbar und ihr Abchecken des Cricket- und des Golfschlägers auf die Verwendbarkeit als Waffe hat ja was wahrhaft klingonisches ...
Auch das Duo Doctor/Leela funktioniert hervorragend und brachte ein paar Perlen des trockenen Humors hervor (zB als der eine Chinese eine Axt nach dem Doctor wirft, ihn verfehlt, der Doctor meint: "Are you trying to attract my attention?",der Chinese von Leela niedergestreckt wird und der Doctor fragt, ob er ihr nicht gesagt hätte, sie solle warten.
Auch die Gastcharaktere sind sind tolle Persönlichkeiten: Professor Litefoot, Henry Gordon Jago ... typische Vertreter ihres Zeitalters, aber keine Klischee-Figuren.
Jago wäre wohl gerne so etwas wie ein Doctor Watson, aber für mich fiel diese Rolle eher dem Professor zu. Was den Doctor ja irgendwie über Sherlock Holmes hinaushebt, denn dieser hatte nur einen Doctor als Assistenten, der Doctor hat einen Professor
Li H'sen Chang war ein Schurke von Fu Man Chu-Format und starb einen ehrenvollen Tod. Seine beste Szene (überhaupt eine der besten Szenen der Folge) war für mich sein Theater-Auftritt mit dem Doctor. Nachdem er zuvor seinem Master verkündet hatte, er werde den Doctor töten und er dann mit Pistolen und Schwertern agiert, erwartete man doch geradezu ein Attentat auf den Doctor - das dann aber nicht kam. Hier wurde recht geschickt mit den Erwartungen der Zuschauer gespielt.
Das bringt mich zu einem Punkt, der mich beim ersten Sehen aufs Glatteis führte: Die Identität des Masters von Chang! Ich hatte mir die Classic-Folgen ja streng chronologisch angesehen und war daher meist ungespoilert. Daher hatte ich lange Zeit den Verdacht (der bei der Erstausstrahlung wohl so auch beabsichtigt war), dass es sich bei diesem um den Master himself handeln würde. Zur Erinnerung: Das letzte Mal, als wir ihn sahen, hatte er ein ziemlich zombiehaftes Aussehen und verschwand mit seiner Tardis von Gallifrey. Hier haben wir jemanden, der sich hinter einer Maske verbirgt (die Hände sehen nicht gerade sehr appetitlich aus), von seinen Untergebenen mit "Master" angeredet wird und hinter einer Zeitreisevorrichtung her ist, die durchaus Tardismaße hat. Ich war zunächst leicht enttäuscht, weil es ja "offensichtlich" schien, wer das ist - und dann umso begeisterter, dass es eben nicht so war.
Einziger winzig, winzig, winzig kleiner Wermutstropfen der Folge ist die Nahaufnahme der Monsterratte, wenn recht klar ersichtlich ist, dass da ein Mann (oder eine Frau?) im Stoffkostüm agiert. Aber ich muss gestehen, ich bi jedesmal, wenn ich die Folge seh, so gefesselt, dass es mir eigentlich gar nicht auffällt
Jago und Litefoot, zwei Gastcharaktere, die ich auf Anhieb ins Herz schloss, haben mittlerweile übigens eine absolut empfehlenswerte eigene Serie bei Big Finish:
http://www.bigfinish.com/Jago-and-LitefootEs ist zwar bestimt schon jedem, der das hier gelesen hat, aufgedallen, aber ich sag es nochmal: "The Talons of Weng-Chinag" zählt für mich zu den besten DW-Folgen aller Zeiten und ist auch für jeden, der weder von DW noch von den Classic-Folgen je was gesehen hat, zum Einstieg zu empfehlen!